Neue Publikation vereint Blick auf die Auswirkungen der Spiele in München mit Gedenken an Walther Tröger / Veranstaltung am 29. Januar in Frankfurt
Walter Mirwald, Bianka Schreiber-Rietig, Steffen Haffner, Anno Hecker, Michael Burau, Hartmut Scherzer und, und, und. Wann sind schon einmal so viele Größen des hessischen Sportjournalismus und Mitglieder des Vereins Frankfurter Sportpresse (VFS) in einer Publikation versammelt? Ergänzt durch etliche klangvolle Namen aus fast allen Bereichen des organisierten Sports. Die Olympischen Spiele von 1972 in München machen es möglich. Und erst recht Walther Tröger, der Bürgermeister des Olympischen Dorfes an der Isar. Der Titel ist zwar etwas sperrig. Aber in dem Buch „Die sportlich heiteren und politisch gescheiterten Olympischen Spiele München ’72. Zum Gedenken an Walther Tröger“ versammeln die Herausgeber Detlef Kuhlmann, Harald Pieper und Ulrich Schulze Forsthövel 54 Autoren, die auf lesenswerte Weise die beiden Themen behandeln. Informativ und empathisch.
Ein Jahr nach dem 50-jährigen Jubiläum der bislang letzten Spiele im Zeichen der fünf Ringe auf deutschem Boden bieten die Beiträge mit dem Rückblick auf München ’72 etliche neue Sichtweisen. Denn in diesem Teil I des 210 Seiten-Werkes geht es natürlich auch um das Wirken Trögers im Olympischen Dorf, vor allem in den Stunden des palästinensischen Attentats auf israelische Olympia-Teilnehmer am 5. September. Die machten aus den heiteren Spielen über Nacht tragische. Vor allem aber geht es um die Auswirkungen des sportlichen Großereignisses bis in unsere heutigen Tage. Etwa wenn Holger Preuß die Sportstätten-Nachnutzung beleuchtet („Ein Erfolgsmodell“, so sein Fazit), wenn Thomas Weber und Elisabeth Keilmann den Beginn der Olympiaseelsorge in den Blick nehmen, wenn (Landessportbund-Geschäftsführer) Andreas Klages die Spiele als Impulsgeber für den deutschen Sport sieht oder wenn Manfred Lämmer auf die Entwicklung der deutsch-israelischen Beziehungen zurückblickt (trotz oder gerade wegen des Attentats).
Sind diese zwölf Beiträge schon alleine die gewinnbringende Lektüre wert, so runden die übrigen mehr oder weniger kurzen oder längeren Statements zum Gedenken an den Frankfurter Walter Tröger das Buch ab. So verraten die drei Herausgeber, dass sie anfänglich die Publikation nicht nur über, sondern mit dem Parade-Beispiel eines Sportfunktionärs im 20. Jahrhundert herausgeben wollten. Doch das Ansinnen wurde nach einem ersten Gespräch durch den Tod Trögers am 30. Dezember 2020 im Alter von 91 Jahren ausgebremst. So sind es unterschiedlichste Autorinnen wie Eiskunstlauf-Star Marika Kilius („Der Sportbegleiter meines Lebens“), Frankfurts ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth („Ratgeber und Freund der Sportstadt Frankfurt“), die Sportjournalistin Evi Simeoni („Ein pragmatischer Netzwerker“) oder seine ehemalige Sekretärin Ruth Keszegh („Viele Jahre mein Chef“) und Autoren wie der Sportphilosoph Hans Lenk („Gemeinsames olympisch-nostalgisches Lächeln“), der Basketball-Funktionär Ingo Weiss („Was würde Walther wohl dazu sagen?“), der Briefmarkensammler Thomas Lippert („Der Philatelist Walther Tröger“) oder der Geher-Olympiasieger Peter Frenkel („Und Walther Tröger wird doch dabei sein“), die die unterschiedlichsten Facetten eines der bedeutendsten Menschen im deutschen Sport beleuchten und ihm ein würdiges literarisches Denkmal setzen.
Das Leben und Werk Walther Trögers soll auch in einer Veranstaltung am 29. Januar in Frankfurt gewürdigt werden, wenn in den Räumen des Eintracht Frankfurt-Museums im Waldstadion (Mörfelder Landstraße 362) die Leicht-Athletik-Abteilung der Eintracht und der Verein Frankfurter Sportpresse (VFS) ab 19 Uhr einladen. Hier soll nicht nur das Buch vorgestellt werden. Etliche Zeitgenossen werden zudem auf ihre Begegnungen mit Tröger oder ihre Zusammenarbeit zurückblicken.
Detlef Kuhlmann, Harald Pieper, Ulrich Schulze Forsthövel (Hrsg.), Die sportlich heiteren und politisch gescheiterten Olympischen Spieler München ‘72. Zum Gedenken an Walter Tröger, Arete-Verlag Hildesheim, 2023, 210 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und Illustrationen, 22 Euro.
Rezension von Albert Mehl
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