
Eigentlich hatte ich es gar nicht anders erwartet: Mein Anruf ging ins Leere, am anderen Ende nahm keiner ab. Die Glückwünsche zum 70. Geburtstag konnte ich auf diese Weise nicht loswerden. Klaus Veit, jahrzehntelang mein Stellvertreter bei der Frankfurter Neuen Presse (FNP), feierte sein Jubelfest – wie nahezu immer in der Vergangenheit – irgendwo fern der Heimat. Und tatsächlich, wenige Minuten später ploppt eine WhatsApp-Nachricht auf: „Danke für die Glückwünsche zum Geburtstag. Ich bin aber nicht ran, da in Bangkok.“
Weit über 30 Jahre haben wir gemeinsam in der Sportredaktion zusammengearbeitet. „KV“ begann seine FNP-Laufbahn im Frühsommer 1979 als Volontär, wo er gleich zu Beginn in der Lokalredaktion aufregende Zeiten an der Startbahn West des Frankfurter Flughafens erlebte. Schnell war jedoch klar, dass sein fester Platz in der von Carl-Heinz-Huthmacher geleiteten Sportredaktion sein sollte. Stets im Fokus die Frankfurter Eintracht, mit der er nicht nur als Journalist eng verbunden war, sondern auch als ehemaliger Basketballspieler und späterer Trainer der Frauen-Mannschaft fest in der Vereinsfamilie verankert war.
Klaus Veit begleitete über drei Jahrzehnte die Höhen und Tiefen der Eintracht-Fußballer, erlebte emotionale Aufstiege und bittere Abstiege (1996, 2001, 2004 und 2011), die große Enttäuschung des Beinahe-Titelgewinns 1992 in Rostock oder Kurioses wie die durchs Toilettenfenster eingeworfene fristlose Kündigung für Manager Wolfgang Kraus und hatte stets ein großes Herz für die Eintracht-Ultras.
Aber sein journalistischer Horizont reichte natürlich weit über die Mainmetropole hinaus. Mittlerweile als stellvertretender Ressortleiter berichtete „KV“ als Reporter von vier Fußball-Weltmeisterschaften und hatte dabei 1990 in Italien mit dem deutschen Titeltriumph einen Einstand, wie er besser nicht sein konnte. 1994 in den USA, 1998 in Frankreich und natürlich 2006 beim "Sommermärchen" war er ebenfalls live vor Ort und brachte die große Fußballbühne den FNP-Lesern nahe. Bei Europameisterschaften war er sogar fünf Mal von 1992 bis 2012 (Schweden, Belgien/Niederlande, Portugal, Österreich/Schweiz, Polen/Ukraine) live dabei. Zuletzt in der Ukraine 2012, als das Land noch in Frieden lebte.
2015 wurde Klaus Veit zum Ressortleiter Sport der FNP befördert. Doch nur zwei Jahre später endete diese Ära vorzeitig aufgrund von Unstimmigkeiten mit der Chefredaktion. Allzu oft erhob er wohl seine Stimme zu Entwicklungen, die seiner Meinung nach der Zeitung schaden könnten (und es später tatsächlich auch taten). Nach 38 Jahren FNP kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, „KV“ hat sich mit Herzblut für die Neue Presse eingesetzt.
Der vorzeitige Ruhestand blieb zunächst ein „Unruhestand“, denn Klaus Veit unterstützte weiterhin die Kommunikationsabteilung der Frankfurter Eintracht mit seinen Texten, bevor er sich schließlich mit seiner Conny weitgehend in die Ruhe der Rhön zurückzog – um nicht nur rund um seinen Geburtstag in die weite Welt auszubüchsen. Was im vergangenen Jahr in der Türkei leider mit einem Schlaganfall und einem 16-tägigen Krankenhausaufenthalt endete. Gott sei Dank ist davon so gut wie nichts zurückgeblieben, wie die aktuelle, vierwöchige Geburtstagstour des Südostasien-Fans nach Thailand bewiesen hat.
Lieber Klaus, willkommen im Club der Siebziger!
Michael Lennartz
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